Gesetz für eine faire GKV-Kassenwahl

Am 25. Mai 2019 wurde das neue Gesetz in einem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit erstmal vorgestellt. Die Ziele des Gesetzes sind ein freier Zugang der Versicherten zu allen gesetzlichen Krankenkassen, die Stärkung des freien Wettbewerbes und die Neustrukturierung des Risikostrukturausgleichs. Allein, die Gegenstimmen mehren sich.

Aufhebung der Gebietsbeschränkungen

Bisher sind nicht alle gesetzlichen Krankenkassen bundesweit tätig. Das betrifft vor allem die AOKs, einige Innungskassen und regional geöffnete (also nicht ausschließlich für Mitarbeiter verfügbare) Betriebskrankenkassen. Insgesamt sind 44 von 110 Krankenkassen nicht bundesweit tätig. Durch das Gesetz sollen diese Kassen künftig ebenfalls bundesweit von Versicherten gewählt werden können. Dahinter steht, dass manche Krankenkassen nur deshalb günstige Prämien anbieten können, weil sie von lokal günstigen Preisen profitieren. Das verzerre aber den Wettbewerb, so die Begründung für den Vorschlag.

Martin Litsch, Chef des AOK-Bundesverbandes, entgegnet dem, dass ein Wettbewerb um den günstigsten Preis aber vor allem junge, gesunde und mobile Versicherte interessiere. Für chronisch Kranke zähle aber z.B. mehr ein dichtes Netz an Servicestellen. Zudem ließe sich nicht jeder Vertrag mit ebenfalls regional organisierten Krankenhäusern und Kassenärztlichen Vereinigungen einfach auf eine andere Region übertragen. Etwa mache ein für Süddeutschland entwickeltes Hausarztsystem für Versicherte im Norden keinen Sinn, erklärt Litsch. Die SPD hält ebenfalls wenig von einem System ausschließlich bundesweit tätiger Kassen. Schon jetzt könne der Versicherte sich für eine bundesweit tätige Kasse entscheiden. Lauterbach, der Experte der SPD erläutert, dass es für ihn eher um eine mangelnde Kontrolle gehe, die den Ländern vorgeworfen werde, was aber eine Unterstellung sei. Und auch wenn es diese mangelnde Kontrolle gäbe, müsse diese verbessert werden und nicht die Kasse zu einer bundesweiten Tätigkeit gezwungen werden. Die Länder wehren sich ebenfalls gegen eine weitere Zentralisierung. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sieht hingegen eine positive Entwicklung, wenn es um die übergreifende und einheitliche Rechtsaufsicht auf Bundesebene geht, meint jedoch „das dürfe regionale Versorgungskonzepte der Kassen nicht einschränken".

 

Neuregelung Risikostrukturausgleich

Der Risikostrukturausgleich sorgt dafür, dass Kassen mit kränkeren Versicherten keinen finanziellen Nachteil haben, denn jeder Versicherte zahlt unabhängig vom Gesundheitszustand dieselben Beiträge und die Kassen stehen unter Kontrahierungszwang, das heißt sie dürfen keinen Versicherten ablehnen. Der Morbi-RSA muss daher den tatsächlichen Mehraufwand so gut wie möglich abbilden, um den Wettbewerb zu stärken und Risikoselektion zu vermeiden. Die Neuregelung sieht künftig vor, dass nicht wie bisher nur 80 Diagnosen/Krankheiten mit einbezogen werden, sondern alle Krankheiten (Vollmodell). Außerdem wird ein Risikopool geschaffen, der Hochkostenfälle abfedern soll. Ebenso wird es eine Vorsorge-Pauschale geben und es wird eine Regionalkomponente mitberücksichtigt. Neben weiteren Punkten soll mit der Neuregelung des Morbi-RSA auch die Kostenpauschale für Disease Management Programme (DMP) abgeschafft werden. Die Ärzteschaft befürchtet hier Einbußen bei der Versorgung von chronisch kranken Versicherten, denn Krankenkassen werden DMPs kaum weiterführen, wenn sie nicht dafür bezahlt werden. Dabei sei die Wirksamkeit dieser Versorgungsprogramme eben erst bewiesen worden.

 

Regeln für den Wettbewerb

Das Gesetz sieht auch genauere Regeln für den Wettbewerb unter den Krankenkassen vor, zum Beispiel bei der Werbung oder dem Versuch der Risikoselektion. Bei Insolvenz einer Kasse soll künftig der GKV-Spitzenverband haften – also alle Krankenkassen miteinander. Bisher haften nur die Kassen der jeweiligen Kassenart für einander (also z.B. Innungskassen für Innungskassen). Die ehrenamtliche Selbstverwaltung des GKV-Spitzenverbandes soll außerdem in eine hauptamtliche überführt werden. Darin wird vom GKV-Spitzenverband eine „Entmachtung der sozialen Selbstverwaltung" gesehen.

Das Gesetz soll voraussichtlich im Jänner 2020 in Kraft treten.

 

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Quellen

Zeit.de

www.faire-kassenwahl-gesetz.de

aerzteblatt.de