Deutschland Spitze bei Verfügbarkeit neuer onkologischer Präparate

Eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der PKV in Deutschland stellt einen Vergleich an, wie lange es in europäischen Ländern dauert, bis zugelassene Krebsmedikamente tatsächlich für die Patienten zur Verfügung stehen. Deutschland schneidet hier am besten ab und die Studienautoren erklären auch warum.

Auf dem Gebiet der Onkologie verändert sich derzeit sehr viel. Neue Medikamente werden entwickelt, die eine bessere Prognose und weniger belastende Therapien für die Patienten ermöglichen. Eine rasche Übernahme dieser neuen Entwicklungen in das nationale Gesundheitssystem ist daher ein entscheidender Faktor für Betroffene. Ob ein neues Präparat in die Gesundheitsversorgung eines Landes übernommen wird, entscheidet sich durch sogenannte HTA-Verfahren (Health Technology Assessments), die bewerten, wie wirksam ein Medikament ist und welchen Nutzen es dem Patienten bringt. Außerdem werden ökonomische, ethische, soziale und andere Auswirkungen in den Entscheidungsprozess mit einbezogen, um eine bestmögliche Versorgung der Patienten im Rahmen der budgetären Grenzen zu ermöglichen. Diese HTA-Entscheidungsprozesse unterscheiden sich stark von Land zu Land.

Im europäischen Schnitt dauerte es in den Jahren 2015-2017 ganze 426 Tage zwischen der Zulassung eines neuen Medikaments durch die EU (durch die EMA) und dem Abschluss des nationalen Zulassungsverfahrens. In Deutschland werden dafür lediglich 119 Tage gebraucht. Bei onkologischen Medikamenten dauert das Verfahren im EU-Schnitt 445 Tage – in Deutschland nur 82 Tage (Österreich: 198 Tage). Bei der Verfügbarkeit onkologischer Medikamente liegen Österreich und die Niederlande mit Deutschland gleich auf. Auch bei sogenannten „Orphan drugs“ (Medikamente für seltene Erkrankungen) führt Deutschland bei der Schnelligkeit zur Markteinführung die Liste der EU-Länder klar an (D: 113 Tage; EU: 493 Tage). Von den 38 Neuentwicklungen auf dem Gebiet der Orphan Drugs aus den Jahren 2015 – 2017 sind 36 in Deutschland bereits zugelassen. Österreich belegt hier den 2. Platz mit 30 von 38 zugelassenen Medikamenten gegen seltene Erkrankungen.

Die Gründe dafür, warum in Deutschland eine derart rasche Marktzulassung von neuen Medikamenten möglich ist liegen einerseits im HTA-Verfahren (AMNOG-Prozess), das eine Übernahme in die Erstattungskataloge der Krankenkassen ermöglicht, bevor die Kosten-Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesauschuss (G-BA) abgeschlossen ist. Andererseits sind auch die Attraktivität des Pharmamarktes Deutschland für forschende Pharmaunternehmen und die sehr gute medizinische Infrastruktur, die für die Anwendung vieler neuer onkologischer Präparate Voraussetzung ist, für diesen Erfolg verantwortlich.

Aufgrund der extremen Unterschiede in den Prozessen und der Dauer der einzelnen HTA-Verfahren in den einzelnen EU-Ländern, strebt die EU derzeit eine Vereinheitlichung der Prozesse auf EU-Ebene an.

 

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Quelle

WIP-Analyse 1/2020